Hertha Firnberg, Foto: SPÖ-Frauen

Hertha Firnberg

Hertha Firnberg, 1909 bis 1994
Erste Wissenschaftsministerin Österreichs

Hertha Firnberg war Österreichs erste sozialdemokratische Ministerin. Sie war eine hochgebildete Frau mit herausragenden analytischen Fähigkeiten und beeindruckender Effizienz: Politikerin und Intellektuelle in einem. Hertha Firnberg stammte aus einer Arztfamilie, sie war das älteste von vier Kindern. Nach der Matura studierte sie zuerst zwei Semester Rechtswissenschaften, danach Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. 1936 promovierte sie.

Bereits in der Schulzeit begann sich Hertha Firnberg politisch zu betätigen. 1926 trat sie dem Verband Sozialistischer Mittelschüler (VSM) bei, dessen Stellvertretende Vorsitzende sie wurde. Nach Beginn des Studiums wurde sie Mitglied des Verbands Sozialistischer Studenten (VSStÖ).
1928 trat sie auch der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) bei.

Während des Naziregimes lebte sie zuerst von Gelegenheitsarbeiten, gab Nachhilfe bzw. war als freie Wirtschaftsjournalistin tätig, später fand sie eine Stelle in einem Modeverlag. Dort erlernte sie Buchhaltung, erprobte sich in der Betriebsführung und erlangte die Prokura.

Nach 1945 arbeitete sie als Bibliothekarin und Assistentin an der Universität Wien, wo sie sich gleichzeitig auch mit den Methoden der Statistik vertraut machte. 1948 wechselte sie in die niederösterreichische Arbeiterkammer. Dort wurde sie Abteilungsleiterin für Wirtschafts- und Sozialstatistik und später auch Leiterin der Studienbibliothek.
In dieser Zeit machte sie sich als Expertin für Sozialstatistik, Sozialgeschichte und Sozialpolitik einen Namen.

Ihre parteipolitische Aktivität begann Hertha Firnberg nach 1945 in der SPÖ Favoriten. 1959 wurde sie Mitglied des Bundesrates, 1963 des Nationalrates, dem sie bis 1983 angehörte. 1967 wurde sie als Nachfolgerin Rosa Jochmanns zur Vorsitzenden der sozialistischen Frauen gewählt. In ihrer Funktion als Frauenvorsitzende, die sie bis 1981 innehatte, machte sie sich vor allem stark für die Reform des Familienrechtes, für die qualifizierte Ausbildung von Mädchen und die Gleichberechtigung der Frauen im Beruf, aber auch innerhalb der eigenen Partei.

1971, als die SPÖ erstmals die absolute Mehrheit bei den Nationalratswahlen erhielt, wurde Hertha Firnberg in die Regierung berufen und – zunächst als Ministerin ohne Portefeuille – beauftragt, das Ministerium für Wissenschaft und Forschung aufzubauen, das sie bis 1983 leitete. Eine ihrer nachhaltigsten Aktivitäten als Ministerin war die Reform der universitären Strukturen durch das Universitätsorganisationsgesetz (UOG). Ziel war die Sicherstellung demokratischer Entscheidungsabläufe auf universitärem Boden. Die Reform stieß zuerst auf großen Widerstand seitens der Professoren, die eine Umverteilung ihrer Macht zugunsten des so genannten “Mittelbaus” und der StudentInnen verhindern wollten. Gleichzeitig nötigte die Kompetenz und die konsequente Haltung der Ministerin in Sachen UOG den Professoren auch Respekt ab.

Gemeinsam mit Lola Solar (ÖVP) gründete sie 1969 den Österreichischen Frauenring, den größten überparteilichen Zusammenschluss von Frauenvereinen und Frauenorganisationen Österreichs.

Von 1967 bis 1981 war Hertha Firnberg Stellvertretende Vorsitzende der SPÖ. Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit der SPÖ und dem Ende der Ära Kreisky schied sie 1983 aus der Bundesregierung aus.

Hertha Firnberg starb am 14.2.1994 in Wien.


Quellen & Literatur
– Die ersten 100 Jahre. Österreichische Sozialdemokratie 1888-1988, Hg. Helene Maimann, Wien; München 1988, 54ff
– Rösslhumer, Maria / Appelt, Birgit: Hauptsache Frauen, Graz (u.a.) 2001, 84ff
www.frauen.spoe.at

Links zu Lebensgeschichte & Wirken Hertha Firnbergs
Austria-Forum
dasrotewien.at
Österreichisches Parlament
Wien Geschichte Wiki